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Bericht über Prof. Dr. Gerhard Regns Vorlesung "Dante, Divina Commedia" an der LMU München im Sommersemester 2009

Von Katharina Kerl

Über Dantes Divina Commedia liest Prof. Dr. Gerhard Regn im Sommersemester 2009: Abschied und Premiere in einem.
Vor der anstehenden Emeritierung im Herbst ist es Regns letzte Vorlesung als Lehrstuhlinhaber und Vorstand des Münchner Instituts für Italianistik, zugleich aber auch die erste, die der Sprecher des IDK ‚Textualität in der Vormoderne‘ in toto der Göttlichen Komödie widmet.

Dantes Commedia gilt als ‚das‘ Werk italienischer Dichtung schlechthin und erfreut sich, nicht zuletzt dank seiner Erhebung in den Rang der Weltliteratur durch die Romantiker, international breitester Erforschung. Ein konsensuelles Bild zeichnet die Wissenschaft dabei freilich nicht. Wie ist die Divina Commedia, als Ganzes betrachtet,  zu lesen? Was ist ihr textueller Status?

Die Vorlesung orientiert sich an eben solchen Grundsatzfragen und verspricht den Versuch einer Antwort „jenseits der Mehrheitsmeinung“. Im Fokus steht dabei der „in Radikalvereinfachung“ folgendermaßen zu formulierende Zweifel: Ist Dantes Göttliche Komödie, die unstrittig von einem poeta (doctus) stammt, überhaupt ein fiktionaler und damit – nach neuzeitlichem Verständnis – literarischer Text? Ist die Divina Commedia eine fictio?

Ausgehend von Dante Alighieris lebensweltlichem Kontext, seinen sozialen und politischen Verstrickungen wie gelehrten Interessen wird Regns Hörerschaft, welche aufgrund des großen Andrangs nach wenigen Sitzungen vom Uni-Hauptgebäude bereits in einen größeren Hörsaal in der Schellingstraße übersiedeln musste, in diesem Semester also an ein tiefer gehendes und innovatives Verständnis des italienischen Klassikers herangeführt. Nach der theoretischen Auseinandersetzung mit den Gattungshorizonten der Divina Commedia (zwischen Reiseallegorie, Vision, Bibel und antiker Literatur) werden die wichtigsten Etappen der Erörterung hierbei durch das Werk selbst vorgezeichnet. Und doch sollen bei der analytischen Begleitung des Jenseitswanderers Dante durch Hölle, Fegefeuer und Paradies die übergeordneten Fragestellungen maßgebend bleiben.

Polyperspektivität und Unterstützung bei der Lösung des Problems gewähren, ermöglicht durch eine Kooperation des Italianistik-Instituts mit dem ENB-geförderten Doktorandenkolleg ‚Textualität in der Vormoderne‘, hoch angesehene Dantisten, die die Vorlesung als Gastredner ergänzen.

Prof. Dr. Stephen Nichols von der Johns Hopkins-Universität in Baltimore referierte am 25. Mai unter dem Titel ‚Poetics of Deflection‘ über das Verhältnis Dantes zur französischen Traumliteratur zwischen 1280 und 1330, namentlich zu Jean de Meuns Roman de la Rose und Guillaume de Deguilevilles Pèlerinage de la vie humaine.
Am 4. Juni diskutierte Prof. Dr. Andreas Kablitz von der Universität zu Köln die ‚Die Ethik(en) der Göttlichen Komödie‘, welche für jedes der dantesken Jenseitsreiche nicht nur textintern, sondern auch bezüglich externer moralphilosophisch-theologischer Referenzsysteme (aristotelisch-rational, christlich-affektbasiert, kosmologisch) unterschiedlich zu bestimmen sind.
Für den 25. Juni wird mit einem Gastvortrag zum Thema ‚Vergil im Paradies‘ der Konstanzer Romanist Prof. Dr. Karlheinz Stierle  erwartet, der 2007 mit seinem Buch Das große Meer des Sinns die Commedia-Forschung bereicherte.

verantwortlich für den Seiteninhalt: Thomas Borgstedt
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